Hakan Eren "Ein Land am Meer"
Laufzeit: 15.01. - 28.02.2021
BauSchau Essen, Brigittastraße 9
Öffnungszeiten
Durch das Schaufenster einsehbar, Termine nach Vereinbarung per E-Mail.

Der Künstler ist zu folgenden Zeiten vor Ort:

Montag, 18.01.2021 von 18 bis 20 Uhr
Donnerstag, 21.01.2021 von 13:30 bis 16 Uhr
Immer dienstags von 13:30 bis 16 Uhr
immer donnerstags von 16:30 Uhr bis 19 Uhr

Nur nach vorheriger Vereinbarung per E-Mail:

Donnerstags von 13:30 bis 16 Uhr

 

Der jun­ge Künst­ler Hakan Eren, der 2017 sei­nen Abschluss an der Kunst­aka­de­mie Düs­sel­dorf gemacht hat, ist durch sei­ne beacht­li­chen künst­le­ri­schen Arbei­ten beim Abschluss­rund­gang auf­ge­fal­len. Ger­ne möch­te die Bau­stel­le Schau­stel­le e.V. sein mecha­ni­sches Werk Ata­türk dem Esse­ner Publi­kum ver­mit­teln, da es sowohl ästhe­tisch als auch inhalt­lich inter­es­san­te Anknüp­fungs­punk­te für den Stand­ort Essen als auch einen zeit­ge­nös­si­schen Dis­kurs über Tra­di­ti­on und Moder­ne sowie kul­tu­rel­les Erbe bietet.

Bei der Arbeit Ata­türk han­delt es sich um ein mecha­ni­sches Objekt, das dem ver­klei­ner­ten Modell eines Rie­sen­rads gleicht. Auf einer Holz­plat­te fixiert, ragt im rech­ten unte­ren Teil eine wei­ße Dop­pel­tür her­vor, die einen mit Stoff über­dach­ten “Gang” in die Kon­struk­ti­on ver­se­hen ist. Dar­über erhebt sich das Rie­sen­rad. Stän­der­werk und die Gon­deln sind beleuchtet.

Das Rie­sen­rad ist betriebs­fä­hig zur Fahrt, dar­auf ver­weist auch die äußer­lich sicht­ba­re Fahr­rad­ket­te. Wird das Objekt bedient, öff­net sich durch einen Seil­zug die wei­ße Tür. Hin­ter ihr erscheint das Foto von Kemal Ata­türk und es erklingt ‘Für mich soll´s rote Rosen reg­nen’, gesun­gen von Hil­de­gard Knef. Nach eini­ger Zeit schließt sich die Türe wieder.

Die in Bewe­gung gesetz­ten Gon­deln, die aus Stroh und Stoff geformt sind, ver­wei­sen auf den Fez. also den tür­ki­schen Män­ner­hut, der unter Kemal Ata­türk als rück­stän­dig dif­fa­miert und daher in der Tür­kei ver­bo­ten wurde.

Das Werk Ata­türk beleuch­tet auf eine humo­ris­ti­sche Wei­se Ver­gan­gen­heit und Gegen­wart der Tür­kei und bie­tet durch eine Art Minia­tur­jahr­markt­zau­ber einen Dia­log über gesell­schaft­li­che Kon­struk­tio­nen, regeln, aber auch die Fra­ge nach der Iden­ti­fi­ka­ti­on mit kul­tu­rel­lem Erbe.

Die Arbeit Ata­türk wird von wei­te­ren klei­ne­ren Arbei­ten an der Wand begleitet.

 

Ein­füh­rungs­text

Die Aus­stel­lung „Ein Land im Meer“ prä­sen­tiert Wer­ke von Hakan Eren, einem bil­den­den Künst­ler aus Wuppertal.

Hakan Eren hat an der Kunst­aka­de­mie Düs­sel­dorf stu­diert bei Pro­fes­sor Tal R, Pro­fes­so­rin Rose­ma­rie Trockel und Pro­fes­so­rin Katha­ri­na Frit­sch, bei der er 2019 mit dem Meis­ter Schü­ler Titel abge­schlos­sen hat.

Hakan Eren:

„Ich fokus­sie­re mich stark auf kine­ti­sche Kunst und arbei­te mit unter­schied­li­chen Mate­ria­li­en und Stof­fen und nut­ze auch die Tech­nik des Recy­clens von Din­gen, die ansons­ten kei­nen Ver­wen­dungs­zweck mehr hätten. 

Ich beschäf­ti­ge mich sehr viel mit kos­mo­po­li­ti­schen Beob­ach­tun­gen und ver­schaf­fe mir durch mei­ne Arbei­ten einen gewis­sen inne­ren Abstand zu die­sen Betrach­tun­gen, in dem ich das Wahr­ge­nom­me­ne umge­stal­te und verfremde. 

So habe ich unter ande­rem eine Arbeit gemacht namens „Pen­ta­gon“ und da habe ich das Ame­ri­ka­ni­sche Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums­ge­bäu­de, eine gro­ße Zen­tra­le der poli­ti­schen Macht, als Rie­sen­rad dar­ge­stellt. Die­ses Pen­ta­gon lässt sich her­um dre­hen und es erin­nert damit an eine Attrak­ti­on auf einem Rummelplatz.

Ich freue mich natür­lich, wenn Men­schen mei­ne Arbei­ten betrach­ten und dar­in Anre­gun­gen für ihre eige­nen Mei­nun­gen und Gedan­ken fin­den und wenn ich jeman­dem eine neue Per­spek­ti­ve auf­zei­gen kann, dann emp­fin­de ich das als einen gro­ßen Erfolg.

The­ma­tisch beschäf­ti­ge ich mich auch viel mit den The­men „Her­kunft und Iden­ti­tät“, aber suche dafür immer auch nach einer pas­sen­den Dar­stel­lung und einer anspruchs­vol­len Ästhetik.

Mei­ne Arbeit „Ata­türk“ bil­det den Kern die­ser Aus­stel­lung. Die­se Arbeit ist ent­stan­den, weil ich als Kind das Bild des gro­ßen Staats­manns Ata­türk an der Wand hat­te und ich nie gewusst habe, was es zu bedeu­ten hat. Ich habe erst als Erwach­se­ner ver­stan­den, wer Ata­türk ist und dann über Lite­ra­tur und ande­re Medi­en Infor­ma­ti­on über ihn gesam­melt. Aus den Erzäh­lun­gen mei­ner Eltern über ihn erkann­te ich, dass sie die­sen Mann als sehr bewun­derns­wert emp­fan­den. In der Instal­la­ti­on ist Ata­türk am Ticket­schal­ter eines Rie­sen­rads und öff­net man sein Ticket­häus­chen, sieht man ein Foto von ihm. Auf dem Foto sitzt Ata­türk in einem Boot und solan­ge die Tür auf ist, ertönt das Lied „Für mich soll’s rote Rosen reg­nen“.  Das Rie­sen­rad ist aus Bam­bus und Holz gefer­tigt. Es ist Teil des poli­ti­schen Jahr­markts und es ent­hält die Erin­ne­rung aus mei­ner Kind­heit an die­sen gro­ßen Mann. Da die Gon­deln aus osma­ni­schen Hüt­ten bestehen, ver­bin­det die Arbeit die Ästhe­ti­ken aus zwei Wel­ten, näm­lich Asi­en und Europa. 

Die nächs­te Arbeit nennt sich „Mit­tel­meer“. Sie ist aus 4000 Wein­kor­ken gefer­tigt und sie ent­hält auch eine Ton­in­stal­la­ti­on. Sie macht Möwen­ge­räu­sche, die man vom Strand kennt. In mei­ner Kind­heit war ich oft am Schwar­zen Meer und mich haben immer die­se wei­ßen Möwen fas­zi­niert. Außer­dem fas­zi­niert mich am Mit­tel­meer sei­ne Grö­ße und sei­ne geo­po­li­ti­sche Funk­ti­on, da es im Zen­trum des Auf­ein­an­der­tref­fens unter­schied­lichs­ter Kul­tu­ren und Natio­nen ist.“

Chris­toph Andre­as Janetz­ko, Fil­me­ma­cher und lang­jäh­ri­ger Freund des Künstlers:

„Hakan ist ein lei­den­schaft­li­cher Beob­ach­ter unse­rer Welt und er schafft es, das Cha­os unse­rer Wirk­lich­keit in eine neue Ord­nung zu brin­gen und damit sowohl zu über­ra­schen als auch zu amü­sie­ren. Poli­ti­sche State­ments sind in sei­nen Arbei­ten prä­sent, aber er agi­tiert nicht für sei­ne eige­ne Mei­nung, son­dern er abs­tra­hiert das Wirk­li­che und stellt es in einen neu­en Kon­text. Dadurch erlaubt er es den Men­schen, sei­ne Wer­ke in ihnen wir­ken zu las­sen, ohne die­sem Wir­ken eine bestimm­te Rich­tung vor­zu­ge­ben. Die wie­der­hol­te Ver­wen­dung von recy­cel­ten Mate­ria­len in sei­nen Instal­la­tio­nen ist der ein­zi­ge Hin­weis auf ein per­sön­li­ches poli­ti­sches Anlie­gen, das in sei­ner Kunst offen zum Aus­druck kommt. 

Ansons­ten macht es ein­fach Spaß, Hakans Arbei­ten anzu­schau­en, weil sei­ne eige­ne Begeis­te­rung für die Welt dar­in zu spü­ren ist. Alle sei­ne Arbei­ten möch­ten etwas erzäh­len und ob die Erzäh­lun­gen böse und gemein oder fröh­lich und gar harm­los erschei­nen, dar­über ent­schei­den allei­ne die Betrach­ten­den, die ihre eige­nen Ansich­ten auf Hakans Wer­ke pro­ji­zie­ren kön­nen. Das macht Hakan zu einem Künst­ler, des­sen Kunst für vie­le unter­schied­li­che Men­schen zugäng­lich ist und in unse­rer pola­ri­sier­ten Welt von heu­te ist das eine super Sache.“ 

Die Aus­stel­lung „Ein Land im Meer“ mit Wer­ken von Hakan Eren ist hier in der Bau­stel­le Schau­stel­le von 15. Janu­ar bis 28. Febru­ar 2021 zu sehen.